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Mehr erfahrenEmmanuel Macron akzeptierte diese Vorgehensweise, wobei er sich auch ganz offiziell von der neuen Exekutive distanzierte und sie nicht als seine Regierung bezeichnete.
Die Zeiten des „Hyperpräsidenten“, von dem alle wichtigen Entscheidungen initiiert und genehmigt werden mussten, könnten damit zu Ende sein. Der ihm hierfür im Elysées Palast zur Verfügung stehende, umfangreiche Beraterstab, der professionell alle Bereiche der einzelnen Ministerien abdeckte und diese auch entsprechend beeinflusste, dürfte damit weitgehend seine Daseinsberechtigung verloren haben.
Was heißt dies nun für Emmanuel Macron? Ist er damit politisch machtlos, bedeutungslos geworden? Sicherlich nicht; die Befugnisse, die ihm die Verfassung einräumen, geben ihm immer noch die Möglichkeit, die französiche Politik insbesondere im internationalen Bereich entscheidend zu beeinflussen bzw. mitzugestalten. Darüber hinaus ist er der oberste Chef der Armee.
In einer vergleichbaren Rolle befanden sich schon einmal die Präsidenten François Mitterrand und Jacques Chirac. Beide Staatschefs mussten in ihrer ersten Präsidentschaftsperiode eine Kohabitation – bei E. Macron wird von einer „Coopération exigeante“, da zwischen ihm und Michel Barnier kein politisch feindliches Verhältnis besteht, gesprochen – mit einem Ministerpräsidenten aus einer anderen Partei eingehen. Beiden gelang es sehr geschickt, in der neuen Situation ihren Platz zu finden und sogar für eine zweite Präsidentschaft wiedergewählt zu werden. Zwar scheidet für E. Macron verfassungsmäßig eine nochmalige Präsidentschaft aus, aber sollte es für ihn nicht ebenso wichtig sein, nach Beendigung seiner Amtszeit im noch jugendlichen Alter von 49 Jahren auf eine erfolgreiche, wenn auch turbulente Präsidentschaft zurückblicken zu können?
Aber nun stehen wir erst einmal am Anfang einer neuen Ära mit ihren gewaltigen Herausforderungen, politischer und finanzieller Art, die auf den gerade gekürten Ministerpräsidenten warten.
Beginnen wir mit der Finanz- und Haushaltslage. Die neuesten Zahlen sind alarmierend. Für Ende 2024 ist – soweit keine Sofortmaßnahmen ergriffen werden – von einem Haushaltsdefizit von mindestens 6% und mehr des BIPs auszugehen. Nicht weniger beunruhigend sieht die aktuelle Schuldensituation aus. Zum Ende des ersten Halbjahres 2024 stieg sie auf 112% des BIPs, und in absoluten Zahlen wurde sogar die magische Zahl von 3.000 Mrd. € (ca. 3.200) überschritten.
Frankreich muss derzeitig für die Begleichung seiner Schulden einen höheren Zinssatz bezahlen als Spanien und Portugal. Für die kurzfristigen, mit einer Laufzeit von fünf Jahren ausgestatteten Staatsanleihen müssen sogar höhere Sätze als von Griechenland aufgebracht werden!
Die derzeitigen Hochrechnungen ergeben für 2027 jährlich Zinszahlungen von 100 Mrd. €, um den Schuldenberg, der zu diesem Zeitpunkt auf 125% des BIPs angestiegen sein wird, zu bedienen.
Hier rächt sich nun die lasche Ausgabenpolitik der Vorgängerregierung und die großzügigen Unterstützungsaktionen, die getätigt wurden, um keine allzu großen Opfer auf der Strecke zu lassen (Motto: „Koste es, was es wolle“) und fordern ihren Tribut. Ein weiteres Phänomen, das hier zu Buche schlägt, ist die vom damaligen EZB-Präsidenten Draghi initiierte Rückkaufpolitik von ausländischen Staatsanleihen. Diese Umtauschaktion ermöglichte Frankreich, seine Zinsbelastungen vorübergehend zu drücken, gleichzeitig aber auch seine Verschuldung anzuheben. Mit der zwischenzeitlich eingetretenen Hochzinspolitik kam dann die Stunde der Wahrheit.
Michel Barnier hat in seiner Regierungserklärung am 1. Oktober 2024 zur Bewältigung dieser „kolossalen Schuldensituation“ seine Marschrichtung, ohne dabei in die Details einzusteigen, offengelegt. Sein erstes Ziel ist es dabei, das Haushaltsbudget 2025 mit einem Defizit von 5% vorlegen zu können. Was in den Augen von Brüssel keine besondere Annäherung an die europäischen Kriterien darstellt, doch unter Berücksichtigung der fatalen Lage Frankreichs gewaltiger Anstrengungen bedarf.
Gleichzeitig wird der bisher bestehende Plan Ende 2027 die Maastricht-Regel, 3% Haushaltsdefizit zu erreichen, um zwei Jahre auf 2029 verschoben; damit wäre Frankreich nach zehn Jahren – 2019 wurde zum letzten Mal die obige Grenze erreicht – wieder konform mit seinem europäischen Engagement.
Die notwendigen Maßnahmen, die hierzu ergriffen werden müssen, wurden nur in den großen Linien vom Ministerpräsidenten skizziert und sollen sich auf 60 Mrd. € belaufen, die zu zwei Drittel durch Kosteneinsparungen und zu einem Drittel durch Steuererhöhungen gedeckt werden. Das bisher geltende Steuererhöhungstabu wurde damit definitiv über Bord geworfen.
Hinsichtlich der steuerlichen Maßnahmen wurde lediglich präzisiert, dass sie sich auf die Unternehmen und die „sehr begüterten“ französischen Steuerzahler beschränken. Darüber hinaus soll es sich um eine zeitlich beschränkte Aktion handeln.
Die nächsten Wochen werden zeigen, wohin die Reise geht, und ob es Michel Barnier gelingt, eine parlamentarische Mehrheit unter den elf politisch vertretenen Parteien zu erreichen. Im eigenen Lager ist bereits heftige Kritik an den Steuerplänen aufgekommen. Die neue parlamentarische Ära ist eingeleitet und verspricht harte Konfrontationen.
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